Montag, 6. März 2006

La prima settimana

Eine Woche in Trento – und mittlerweile sogar schon ein bisschen länger… die Zeit vergeht wirklich schnell, vor allem, da es hier noch soviel zu tun gibt.

Nach der langen und durch das ziemlich schwere Gepäck etwas mühsamen Anreise per Bahn (Bremen – Hannover – München - Trento) stand ich vor einer Woche, am Donnerstag nach Mittag auf dem Bahnhof in Trento und vermisste erst einmal Rolltreppen oder zumindest Gepäckbänder – aber irgendwie habe ich den Koffer dann aus de Bahnhof, über die Straßen und in die Jugendherberge bekommen, wo ich mir den Luxus eines Einzelzimmers leistete – schon allein wegen des Kofferinhalts.... Ein kurzer Bummel durch Trento, um wenigstens einen Stadtplan und Abendessen zu finden, und der Tag der 1200 km war zumindest für mich beendet.

Freitag begann dann die Odyssee durch die Institutionen: vom Studentenwerk (Opera universitaria) erst mal zur Hauptpost geschickt, um die Kaution zu überweisen, dann zurück zwecks Mietvertragsabzeichnung. Mit dem Vertrag ( und dem Schlüssel zu meinem Zweierzimmer in der Residenza Vela) zum Ufficio Socrates/Erasmus, wo dann die Einschreibeformalitäten erledigt und einige hilfreiche Hinweise erteilt wurden. Von dort zurück zur Opera, um die Mensa- Karte ausstellen zu lassen. Eine Stippvisite in der Facolta di Giurisprudenza erledigte meine Hoffnungen auf einen Erasmus-Kurs….aber damit zumindest ein Programmpunkt für das drohende Wochenende. Nach einer erfolglosen Fahrt zur Steuernummerausteilungsstelle Agenza dell’Entrata und damit gesammelten Erfahrungen mit dem Trentiner Bussystem erst mal zurück in die Jugendherberge, um das Gepäck abzuholen und mittels eines Taxis in die Residenz zu kutschieren. Einzug damit Freitag nachmittag, und erstes kleineres Problem: wo bekommt man Kleiderbügel (grucciae), wenn es weder IKEA noch einen Haushaltswarenhandel gibt? (Letzteres habe ich mittlerweile gefunden, ist aber sehr gut versteckt…). Meine diesbezügliche Anfrage brachte die Verkäuferin im Warenhaus UPIM ernsthaft ins Grübeln…aber zumindest fanden sich hinter der Kasse noch einige Restbestände, mit denen der dringendste Bedarf gedeckt werden konnte. Aus dieser Episode folgt eine dem Einzug folgende Fahrt zurück in die Stadt, um ein paar Lebensmittel zu besorgen – und nach der Heimkehr waren dann auch meine Mitbewohnerinnen Eva aus Rumänien und Filomena, Italien daheim. Die ersten Gespräche und mittlerweile eine Woche WG-Erfahrung zeigen, dass beide sehr nett sind – Filomena, mit der ich mir das Zimmer teile (siehe auch die ersten Eindrücke) schläft zum Glück so tief, dass sie frühes Aufstehen nicht stört – und mir meine dürftigen Italienischkenntnisse nachsehen…Diskussionen über das Fernsehprogramm, Studium und die Stadt werden mit einem Gemisch aus Italienisch, Englisch und Französisch bewältigt.

Samstag und Sonntag, meine letzten wirklich freien Tage, wie es scheint, dienten dann auch der Einrichtung und dem Zurechtfinden – ausgiebige Stadttouren durch das wirklich schöne Trento, ein Besuch im Castel de Buonconsiglio mit seinen mittelalterlichen Fresken und natürlich die Entscheidung (wenn auch schon wieder umgeschmissene) über die Kurse füllten die Zeit dann doch. Ein paar der wunderbaren Fresken im Torre d’Aquila des Castello durfte man leider nicht fotografieren, aber ich bemühe mich noch um eine Darstellung. Auch das Wetter spielte etwas mit, auch wenn auf den Fotos der Eindruck eines eher trüben Tages entsteht – mi scusate

Montag wollte ich dann eigentlich mein Kursprogramm absegnen lassen – bis sich herausstellte, dass die am Freitag gegebenen Informationen dann doch nicht so genau waren, und eine Änderung nötig wurde. Da ich vor allem englischsprachige Kurse brauche, ging ich auf gut Glück zur Vorlesung „ Globalization and Labour Law“ bei Prof. Däubler, Universität Bremen. Da unser Kurs nur aus 4 Personen besteht (der Dozent, Yulinda, Doktorandin, Rob, amerikanischer Austauschstudent und ich) ist die Atmosphäre sehr familiär und es bleibt auch mal die Zeit für die eine oder andere Anekdote – insgesamt eine gute Wahl. Auch der zweite Kurs des Tages, „ Diritti russo et della communita’ stati independenti“ (Law of Russia and the Commonwealth of Independent States) am Nachmittag erwies sich als unterhaltsam, lehrreich und interessant, wenn auch arbeitsaufwändiger. Der niederländische Dozent mit walisischen Vorfahren, der in den USA studiert hat, und zwischen St. Petersburg, Trento und Leuven pendelt, unterrichtet nun also in Italien russisches Recht auf Englisch – auf jeden Fall eine interessante Materie. Das erste Assignment wurde auch schon abgeben – Investigate a topic of your choice on russian Law - which happened to be die Umsetzung von Menschenrechten am Beispiel Pressefreiheit und Meinungsfreiheit in meinem Fall. Eine mündliche Präsentation und eine schriftliche Ausarbeitung - und ein Teil der Endnote, die über 17 liegen muss, um den Kurs zu bestehen. Am zweiten Assignment, der Präsentation eines Falles mit Pro- und Kontraposition in Zweierteams, arbeite ich gerade mit Rob, und wir sind uns mittlerweile nach 6 Stunden Research sicher, dass wir das obskurste und wirrste Rechtsgebiet gefunden haben – der russische Umgang mit der Tschernobylkatastrophe. In Kurzform erließ Russland 6 Jahre nach der Katastrophe 1992 ein Gesetz, dass betroffene Bürger für erlittene Schäden entschädigen sollte, und änderte es 1995 dahingehend, dass nur bestimmte schäden anerkannt wurden und die Entschädigungssumme beschränkt wurde – warum dieses Gesetz aber überhaupt erst erlassen wurde, bleibt schleierhaft, da die Katastrophe nicht auf russischem Staatsgebiet stattfand, die involvierten Behörden, Staaten und Staatengemeinschaften nicht mehr existierten und tatsächlich vor Gericht durchgesetzte Summen mit der Begründung abgelehnt wurden, dass kein Geld vorhanden wäre…woraufhin der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte angerufen wurde, der nun über die Ausführung der Beschlüsse wacht und damit wie auch immer eine russische Behörde ersetzt….. Keines der Gesetze ist allerdings online, und schon simpelste Details, zum Beispiel wem das Kraftwerk überhaupt unterstand, wann welches Land welches Gesetz erließ und wer eigentlich überhaupt eine Entschädigung erhielt sind zu finden… très obscure, molto obscurro – ein schwarzes Loch der Information.
Die weiteren Kurse beginnen erst in der nächsten Woche, bzw. im nächsten Monat: „Globalization and Constitutional Law“ bei Prof. John Yoo, Berkeley, und „ Diritto internazionale“ bei Prof. Fondella und Prof. Hartwig, Heidelberg. All diese Kurse haben jeweils 6 Wochenstunden, dazu kommt dann noch ein Sprachkurs und, wenn möglich, ein Konversationskurs.

Dienstag und Mittwoch jeweils wieder die Kurse, verbunden mit Research am Dienstag – nein, leider nicht auf dem Laptop, sondern auf den Universitätscomputern – und einem Konversationskurs des Welcome Office am Mittwochabend. Eigentlich sollte laut Rob nur ein unterbesuchter Sprachkurs stattfinden, aber mit einer Menge Neuankömmlingen wie mir war wohl gerechnet und eine Einteilung vorgenommen worden. Eine lustige und interessante Sache, leider wird vermutlich Diritto Internazionale auf dem Termin liegen…bis Ende März geht es allerdings noch ganz gut…Seit Dienstag habe ich auch mein Monatsticket – durch Foto eine arbeitsaufwendige Angelegenheit, wie es scheint - und seit Mittwoch einen italienischen Steuercode, wozu auch immer der gut ist…Eine Aufenthaltsgenehmigung brauche ich zumindest erst nach 90 Tagen ununterbrochenen Aufenthalts in Italien, die aber durch eine Auslandsfahrt zurückgesetzt werden, wie das Erasmusbüro subtil mitteilt. Ebenfalls seit Dienstag besitze ich nun auch eine italienische Handynummer, die zwar nur zu einer Prepaidkarte gehört, aber zumindest ihren Zweck erfüllt und mich lokal erreichbar macht („where are you? - In the basement – yeah, me too…where are you?)…

Donnerstag wollte ich eigentlich nur ins Sekretariat der Fakultät, um einige Kleinigkeiten zu klären – auf dem Weg dorthin musste man allerdings eine Menschenmasse durchqueren, denn es war Markttag! Natürlich inklusive mehr oder weniger schicken Pullovern, Hosen, oder Bettbezügen (ja! Ein Punkt weniger auf meiner Einkaufsliste), mehr oder weniger echten Handtaschen, Polohemden und Sonnenbrillen und Unmengen von Socken, Töpfen und Topfreinigern. Nachmittags dann vor allem Haushaltspflichten: Wäsche etc. Zumindest weiß ich jetzt, dass die Waschmaschine funktioniert, und wo es im Zweifel Waschmittel gibt – Vela hat tatsächlich einen Supermarkt. Zivilisation! - ansonsten ist hier außer der Busverbindung nämlich nicht viel davon zu spüren, hauptsächlich scheint der Ort als „Schlafstadt“ zu fungieren. Der „Sekretariats“ –Erasmusbüro-Besuch brachte – außer einem Termin für den Freitag, keine Neuigkeiten – aber zumindest scheinen nun alle Kurse möglich zu sein – sobald möglich, stelle ich dann auch meinen Stundeplan online…

Und nun zu Freitag, real eine Woche aktives „Dasein“ in Trento, und eine Woche in der Wohnung – morgens natürlich erst mal in die Stadt, um im Ufficio die fragen von gestern zu klären – und ja, es gibt auf alle englischen Kurse 4 Extrapunkte! Damit habe ich mit 3 Kursen das Semestersoll erfüllt, werde aber wenn möglich trotzdem noch Diritto internazionale belegen, und natürlich meine Sprachkurse, die ich wirklich gerne machen möchte – zwar merke ich, dass man langsam in das Sprechen hineinkommt, und der ständig laufende Fernseher trägt dazu bei. Ich werde doch noch zum Wer-wird-Millionär-Gucker, weil man zumindest Hör- und Leseverstehen vergleichen kann….außerdem sind die Fragen über viele „italienische Details“, die man sonst nicht erfahren würde. Der am weitesten vom Meer entfernte Punkt Italiens liegt, falls ich mich recht erinnere, in der Lombardei. Außer diesem Bericht habe ich heute noch 3 Stunden Research über den Tschernobyl-Fall mit Rob erledigt, und versucht, eine Wireless-Lan-Karte aufzutreiben, um endlich meinen Laptop ans Internet zu bekommen…. Leider erfolglos. Und die zweite Waschmaschine mit meiner tollen *freu*, wenn auch ehemals nach Appretur stinkenden Bettwäsche ist gelaufen…. an das Hotelbettdeckensystem mit Wolldecken muss ich mich allerdings noch gewöhnen…

Und so ist auch die erste Woche schon vergangen – Samstag habe ich hauptsächlich versucht, irgendwie einen Funklan – Zugang zu bekommen (Hardware nun vorhanden, Hardware läuft auch, nur die Software nicht) – und werde damit morgen wohl hauptsächlich mit Tschernobyl-Research verbringen – falls ich denn irgendeinen funktionierenden Computer auftreibe… und dann auf bessere Zeiten und vor allem einen Techniker am Montag warten, damit euch ich schon recht bald dann den nächsten Bericht unterbreiten kann!


Tanti saluti und bis demnächst,


Meike

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